Dr. Thomas Leopoldseder, Geschäftsführer von Q Point, hat beim Asphaltseminar 2024 über die Möglichkeiten gesprochen, den Asphaltstraßenbau mit digitalen Lösungen effizienter und nachhaltiger zu machen.
asphalt: Man hat oft den Eindruck, dass EDV-unterstütztes Arbeiten In manchen Unternehmen bereits als Digitalisierung angesehen wird. Wie würden Sie den Unterschied beschreiben?
Dr. Thomas Leopoldseder: Wir wissen, dass Excel das beliebteste digitale Hilfsmittel für praktisch alles ist: Auf der Baustelle tragen wir von Hand unsere Bestellungen ein, der Mischmeister überträgt sie dann erneut in seine Excel-Datei an der Asphaltmischanlage. Dazwischen wird viel hin und her telefoniert, um sich abzustimmen. Das ist mühsam für alle. Digitalisierung hingegen reduziert Aufwand. Nehmen wir als Beispiel unser System.
Auf einem Tablet legen wir unsere Baustelle und unsere Bestellungen an und bekommen automatisch das Feedback von der Asphaltmischanlage, wenn die Bestellung angenommen wurde und in der gewünschten Zelt geliefert werden kann. Verschiebungen können im System vorgenommen werden. An der Asphaltmischanlage kann dann In Ruhe umgeplant werden, um erneut Rückmeldung an die Baustelle zu geben. Der Vorteil liegt auf der Hand: Ich hänge weder in der Mischanlage noch auf der Baustelle dauernd am Telefon.
Wenn wir eine echte digitale Lösung haben, liegen nicht nur alle einmal erfassten Daten automatisch allen Beteiligten vor, sondern es gibt im Unternehmen auch einheitliche Prozesse, die auf jeder Baustelle gleich sind und die Arbeit erleichtern. Eine digitale Lösung kann die Suche nach dem verlegten Lieferschein ersparen und den Versand von Dokumenten automatisieren. Auch Ausfälle von Personal und lassen sich durch einheitliche Prozesse viel einfacher kompensieren.
„Digitalisierung ist kein Kurzstreckenrennen, sondern ein Marathon. Sie braucht Ausdauer“
asphalt: Bietet die Digitalisierung also einen Universalbaukasten an Lösungen für alle Probleme heutiger Straßenbauunternehmen?
Dr. Thomas Leopoldseder: Ja und nein, es braucht bei allen Möglichkeiten eine Portion Realismus: Wir können softwaretechnisch nicht alle Probleme lösen. Doch wir können einen großen Beitrag leisten, Insbesondere zu den Themen Effizienz und Nachhaltigkeit. Digitalisierung Ist kein Selbstzweck, sondern wir wollen die Menschen, die an der Asphaltmischanlage, auf der Baustelle, in der Verwaltung oder Im Transport arbeiten, miteinander verbinden, sodass sie die besten Informationen haben, um bessere Entscheidungen zu treffen. Wir wollen sie von administrativen Tätigkeiten entlasten, damit sie sich auf das konzentrieren können, was digitale Lösungen noch nicht können. Wir wollen Nachvollziehbarkeit schaffen und damit auch Diskussionen verhindern, etwa wie lang ein Lkw wirklich vor Ort war und warten musste. Und wir wollen eine automatisierte Prozessdokumentation bereitstellen, um diese Informationen später nutzen zu können.
asphalt: Sie sagten, dass digitale Lösungen zu mehr Nachhaltigkeit Im Straßenbau beitragen. Können Sie das anhand von Beispielen beschreiben?
Dr. Thomas Leopoldseder: Da fallen mir einige ein. Aber nehmen wir einmal, weil es auch beim Asphaltseminar ein großes Thema war, die Temperaturabsenkung. Über die Herstellung Temperaturabgesenkter Asphalte wird viel nachgedacht, aber mindestens genauso wichtig sind der Transport und der Einbau. Jede Standzeit auf der Baustelle bedeutet ein größeres Risiko, dass der Asphalt zu kalt wird und der Einbau nicht mehr funktioniert. Das heißt, gerade beim Temperaturabgesenkten Asphalt Ist die Logistikkette und die Information, wann die Lkw auf der Baustelle ankommen, sehr entscheidend.
Unser Ansatz ist, dass wir einen digitalen Prozess installieren: von der Planung auf der Baustelle über den Bestellprozess hin zu einer optimierten Produktionsplanung an der Asphaltmischanlage. Unser System zeigt digitale Transportinformationen an: So weiß die Baustelle, wo sich welcher Lkw befindet und wann das Mischgut tatsächlich ankommen wird. Zugleich geht per App ein digitaler Lieferauftrag an den Lkw-Fahrer mit allen Informationen, die er benötigt, zum Beispiel, wie er die Baustelle am besten erreicht. An der Asphaltmischanlage helfen die Transportinformationen, zu sehen, ob es Verzögerungen gibt und wann die Lkw zurückkommen. So kann die Produktion gezielt angepasst werden.
asphalt: Beim Asphalteinbau sind digitale Lösungen bereits recht verbreitet. Welche Vorteile bieten sie für die Temperaturabsenkung? Worauf kommt es an?
Dr. Thomas Leopoldseder: Die Verdichtungskontrolle hat bei der Temperaturabsenkung natürlich einen höheren Stellenwert. Auch sie ist mit digitalen Mitteln wesentlich leichter als ohne. Für uns Ist wichtig, dass unsere Lösungen maschinenunabhängig sind. Die Qualitätskontrolle soll flächendeckend und zielwertorientiert erfolgen, das heißt, Ich gebe Zielwerte für Temperatur und Überfahrten vor und kann sie digital permanent messen. Wir statten Fertiger und Walzen mit entsprechenden Sensoren und Displays aus, um die Fahrer durchgehend Ober die Werte zu Informieren. So können wir etwa dem Walzenfahrer bei der Verdichtungsarbeit genau zeigen, was noch wo zu tun ist.
asphalt: Sie sagten vorhin, man brauche eine Portion Realismus, weil Software nicht alle Probleme lösen, aber oft einen großen alle Probleme lösen, aber oft einen großen Beitrag leisten könne. Was meinten Sie damit?
Dr. Thomas Leopoldseder: Lassen Sie uns da als Beispiel die Arbeit an der Mischanlage betrachten: Mit unserer Software können wir die Preise und Verfügbarkeiten von Energie und Rohstoffen nicht verändern, aber wir können bessere Informationen darüber zur Verfügung stellen, damit die Produktionsplanung - etwa für eine gemeinsame Produktion an mehreren Asphaltmischanlagen – besser und genauer erfolgen kann. So lassen sich Energieverbrauch und Kosten einsparen. Digitale Tools können auch helfen, Erfahrungswerte entlang der definierten Prozesskette zu sammeln und auszuwerten, um dann den CO2 Ausstoß für künftige Ausschreibungen zu prognostizieren.
asphalt: Da sind wir dann beim Thema Nachhaltigkeit als Ausschreibungskriterium ...
Dr. Thomas Leopoldseder: Richtig, und da geht es dann sehr bald um die Umweltproduktdeklarationen beziehungsweise EPOs. Auch um in dieser Form die Auswirkungen auf die Umwelt zu kalkulieren, rate Ich zur Anschaffung einer entsprechenden digitalen Lösung, die weitgehend automatisch Im Hintergrund entlang des definierten Prozesses mitrechnet, statt Ihre Mitarbeiter damit zu bemühen.
asphalt: Klingt doch nach einem ziemlichen Universalbaukasten an Möglichkeiten. Aber auch nach viel Arbeit, so etwas In einem Unternehmen umzusetzen, oder?
Dr. Thomas Leopoldseder: Ja, Digitalisierung Ist kein Kurzstreckenrennen, sondern ein Marathon. Es braucht Ausdauer. Damit ein solcher Prozess in einem Unternehmen Erfolg hat, braucht es von Anfang an eine Vision, eine klare Vorstellung des Ziels, das ein Unternehmen mit digitalen Mitteln erreichen möchte. Und dahinter muss ein klares Bekenntnis des Managements stehen.